Heute war ich mal spontan in München, der Landeshauptstadt Bayerns, ist ja keine Schwierigkeit, in 2h ist man von Salzburg aus dort. Vor allem um Chatkollegen aus einem Onlinegame einmal im Real Life zu treffen (und festzustellen, dass sie im RL ebenso nett sind wie im Virtual Life des IRC), aber auch um ein wenig durch die Stadt zu schlendern und Münchens Großstadtflair zu genießen (unter anderem durch einen Spaziergang durch Schwabing.)
Dabei ergab es sich zufällig, dass ich einen Stand von Talk2Move für die SOS Kinderdörfer an der Münchener Freiheit sah. Und frech wie ich nunmal bin, ging ich hin, gab zu erkennen, wer ich bin (immerhin ist mein Name bei Talk2Move ja bekannt) und unterhielt mich mit dem anwesenden Teamleiter. Und dabei kamen wir auf einige Punkte, die sich in den letzten vier Jahren, in denen es den nunmehr 10.000 Visits erzielten Artikel Talk2Move – Meine Erfahrung gibt, ergeben haben:
1. Was mich besonders verwunderte, ist, dass anscheinend viele Leser glauben, ich würde viel Geld mit dem Bashen von Talk2Move verdienen. Dem muss ich aber komplett widersprechen: Ich verdiene mit diesem Blog keinen Cent, keinen Yen, keinen einzigen Rubel. Die Werbeeinblendungen sind, sofern welche kommen, komplett von dem Blog-Portal wordpress.com, auf dem ich dieses Blog hoste, und was immer damit auch eingenommen werden sollte, es landet in der Tasche dieser Firma, nicht bei mir. Der Blog ist ein Nullsummenspiel, ich gebe kein Geld dafür aus (deswegen ja auch ein gratis-Blogspace-Anbieter), ich nehme auch kein Geld dadurch ein. Das ist übrigens auch gewollt, ich bekam sogar schon (nicht ganz ernst gemeinte) Angebote, Bannerwerbung auf meiner Seite zu platzieren, habe das aber abgelehnt. Reich bin ich übrigens auch nicht, sondern (leider immer noch) ein armer Student, der von kleinen Nebenjobs, einem Tutorium an der Universität Salzburg und Zuwendungen der Eltern lebt (und versucht, so wenig wie möglich auszugeben aus diesem Grund.)
Ich hatte auch nie ökonomische Ansprüche an diesen Blog, er dient allein der Verbreitung von dem, was mir grade durch den Kopf schwirrt, als Übungsfeld für lesenswerte Artikel (schließlich ist mein Ziel ein Auskommen im Journalismus zu kriegen) und Werbung für Acme.Nipp-on-Air (ja. ich seh so komisch aus… nebenbei, liked Acme.Nipp-on-Air auf Facebook.)
2. Natürlich kamen der Teamleiter und ich im Gespräch auf einige Wirkungen, die mein bekannter Artikel auf Talk2move hat, sowohl erhoffte als auch gar nicht so beabsichtigte.
2.a. Ich bin froh, dass, so der Teamleiter, nach meinem Beitrag bei Talk2Move ein Nachdenken über das Geschäftsmodell und die Bedeutung guter Arbeitsverhältnisse für die Angestellten eingesetzt hat. Gerade bei psychisch und körperlich anstrengenden Jobs ist es wichtig, dass die Mitarbeiter dafür auch geachtet werden, u.a. mit gesundheitlich akzeptablen Arbeitszeiten. Zwar konnte ich in der Gesprächssituation nur die Aussage des Teamleaders hören, dass sie auf einen 9h-Tag mit Pause achten und konnte es nicht selbst überprüfen, doch ist es da an den aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern, zu schreiben, wie es ihrer Meinung nach ist, in der Hinsicht bin ich nunmal Außenstehender.
2.b. Ebenfalls erfreut es mich, dass viele mögliche Bewerber bei Talk2Move heute kritischer in das Vorstellungsgespräch gehen, als ich es 2008 erleben durfte. Egal ob bei einem Großkonzern oder einer kleinen Firma, egal wie positiv man der Idee der Firma gegenübersteht, eine gesunde Skepsis ist nie verkehrt. Mein Beitrag sollte aber nicht euch entmutigen, auszuprobieren und selbst zu schauenb, ob das, was ich erlebt habe, heute noch so ist. Vergesst nicht, in vier Jahren kann sich halt viel ändern, wovon ich selbst natürlich nichts internes wissen kann. Mein Blogartikel war ein subjektiver Beitrag dazu, was ich im Seminar bezüglich „Wie werbe ich Fundraiser“ damals zu hören bekam, was mir das Gefühl gab, dass es nur um das Schreiben von Mitgliedern ging, nicht um die dahinterstehenden Hilfsorganisationen. Wenn sich das mittlerweile verbessert hat, bin ich der letzte, der sich darüber nicht freuen würde.
2.c. Wir diskutierten auch darüber, ob Talk2Move profitorientiert oder Non-Profit sein sollte. (Profitorientiert im monetären Sinne wohlgemerkt, nicht im ideellen.) In meinen Augen wäre Talk2Move nicht schlechter, wenn die Firma keinen Gewinn machen würde. Damit meine ich nicht, dass keine Gehälter oder Fahrtkosten gezahlt oder Rücklagen für schlechtere Monate gebildet werden sollten, sondern nur dass es meiner Ansicht nach keiner Gesellschafter einer GmbH bedürfte, um den Betrieb zu halten, die dann am Ende Dividenden aus dem Reingewinn kriegen (Geschäftsführer und Verwaltung sollen natürlich ihr Gehalt kriegen.) Hier waren sich der Teamleiter und ich uneins, jedoch erwähnte er, dass andere Agenturen viel mehr Geweinne erzielen würden. Im Endeffekt ist es also eine ideologische Frage, wieviel Kapitalismus man im Geschäft der Hilfsorganisationen für nötig und erstrebenswert hält. Mir muss ja nicht jedes Geschäftsmodell gefallen (nebenbei ist es auch positiv anzumerken, dass Talk2Move selbst nicht mehr auf Gutmenschentum machen, sondern zugeben, dass sie mit dem, was sie tun, Geld verdienen, Ehrlichkeit ist wichtig in einem Geschäftsfeld das auf Vertrauen basiert.)
3. Nicht ich, sondern so mancher meiner Kommentatoren hat in den vergangenen Jahren seine persönlichen Erfahrungen mit Talk2Move geschildert und ich gehe davon mal gutgläubig aus, dass keiner absichtlich etwas beschönigt oder dramatisiert, nur um sich selbst in ein bestimmtes Licht zu stellen. Aber diese Postings sollten nicht entscheidungsleitend sein, ob ihr Talk2Move ablehnt oder nicht, sondern eigene Erfahrungen. Wenn man auf der Straße ewig angequatscht und angenervt wird, erzeugt das natürlich ein negatives Bild, aber das, so scheint es mir, hat Talk2Move gelernt: Bei meinen Beobachtungen der Fundraiser verhielten sich diese bei weitem weniger aufdringlich als noch in den 2000ern, sie stellten sich nicht in den Weg der Passanten, sondern grüßten höflich und fragten, wenn einer anhielt, ob er kurz Zeit habe. Also PR so, wie man es aus den Lehrbüchern kennt und eine positive Entwicklung, die höchstwahrscheinlich auch keine möglichen Mitglieder für die Hilfsorganisationen kostet, denn was bringen solche, die sich überrumpelt fühlen und dann den Vertrag rückabwickeln?
4. Natürlich sorgt gerade nicht so aggressives Auftreten für Tage, an denen man weniger Erfolge beim Werben hat. Dann hat aber nicht unbedingt mein Blog schuld oder recht, denn zumeist ist es die Situation, Regen, kaltes Wetter, passantenarmer Ort oder einfach Müdigkeit, die für weniger Vertrags-Abschlüsse sorgt. Was ich da als Außenstehender von den Verantwortlichen bei Talk2Move erwarte und worüber ich auch mit dem Teamleiter sprach, ist, dass diese darauf Rücksicht nehmen und nicht noch zusätzlich Druck ausüben, das hilft im Normalfall keinem. In allen Jobs gibts Phasen ohne scheinbare Erfolge, meist muss man diese Durststrecke nur überwinden, dann klappt es wieder.
5. Schließlich kamen wir noch auf das Thema Bezahlung und die Eignung für Talk2Move zu sprechen. Und da kann man es kurzfassen: Es ist kein Job, in dem man viel Kohle macht oder gar Karriere. Der Teamleiter gab an, dass er nach Abzug von Steuern und Abgaben rund 6 Euro netto pro Stunde verdient, die anderen Fundraiser wahrscheinlich einen oder zwei Euro weniger. In Berlin bekommen die Fundraiser 7 Euro pro Stunde, allerdings brutto. Man kann mit dem Job nicht reich werden und Werbesprüchen a la „1000-2000 Euro pro Monat verdienen“ sollte man nicht trauen, eher ist es ein hart erarbeiteter Obolus zum Studium. Und auch karrieretechnisch wird man kaum etwas gewinnen, denn wenn schon ein Teamleiter 6 Euro verdient… Damit die Angestellten mehr verdienen können, müssten die Hilfsorganisationen mehr dafür ausgeben, aber das möchte keiner, weder die Fundraiser noch die Unterstützer, denn das Geld würde dann ja in Projekten fehlen. Auch In-House-Fundraiser verdienen normal nicht mehr, es liegt einfach am Geschäftsfeld.
6. Wo, so kommt es mir zumindest vor, worüber ich allerdings nicht mit dem Teamleiter sprach, ist der Umgang mit „Abbrechern.“ Sicherlich ist es ärgerlich für jede Firma, wenn der Mitarbeiter frühzeitig kündigt, allerdings geht es grade bei dieser Art Jobs auch um Selbsterkenntnis: Nicht jeder ist geeignet für so einen Job. Ich wäre es nicht, dass weiss ich, weil ich mich zu sehr unter Druck und dadurch selbst hemmen würde, und wenn einer nicht mehr will, sollte er nicht auch noch für die Abreise zahlen müssen. Natürlich keine Luxusheimkehr, aber ein RB Ticket für ganz Deutschland kostet z.b. nur 42 Euro. Vielleicht wäre auch eine „Testphase“ gut, denn soweit die meisten ja auch in meinem Blog geschrieben haben brechen die meisten nach 2-3 Tagen ab, wenn es ihnen zu viel wird. Das sollte man schon bei einer nachhaltigen Planung von Projekten bedenken.
Alles in allem war es ein sehr interessantes Gespräch. Und auch wenn ich natürlich weiterhin, wie erwähnt, dem Geschäftsmodell kritisch gegenüberstehe, heißt das nicht, dass ich mich nicht gerne mit Talk2Move lern unterhalte… und naja, somit gibts auch in diesem Jahr wieder einen Talk2Move Artikel quasi zum „JahresTag“ 😉